27.06.2022.

Folgende Rede hielt unser Ratsgruppenvorsitzender, Dr. Florian Sander, in der Ratssitzung am 23.06.2022 zum Thema „neue Taxentarifordnung in Bielefeld“:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kollegen, verehrte Gäste!

Zunächst einmal zu den bereits bestehenden Planungen der Vorlage: Schön finden wir das nicht; wir sehen aber, dass auch das Taxigewerbe ein Opfer von Preissteigerungen und Inflation ist und sich an die neue Situation anpassen muss, nicht zuletzt auch mit Blick auf die Frage von Entlohnung bzw. Mindestlohn. Daher werden wir der Vorlage mit Bauchschmerzen zustimmen.

Dennoch meinen wir, dass die Taxentarifordnung dann zumindest auch, im Gegenzug, in Bereichen angepasst werden muss, in denen sie schlicht nicht mehr auf dem neuesten Stand ist bzw. auch einfach zu große Regelungslücken lässt, die faktisch zur Abzocke genutzt werden können. Das wesentliche steht hier ja schon in unserer Antragsbegründung.

Zunächst einmal erschließt sich einem nicht, wieso zwar – richtigerweise – Blindenhunde und Rollstühle von zusätzlichen Transportkosten ausgenommen sind, Rollatoren beispielsweise aber nicht. Viele ältere Menschen sind auf diese angewiesen, und nicht nur diese, sondern auch viele Gehbehinderungen bei Jüngeren können eine Angewiesenheit auf diese nach sich ziehen. Nehmen Sie beispielsweise eine Cerebralparese, bei der ein Rollstuhl noch nicht nötig ist, Unterarmgehstützen aber nicht ausreichend oder zu wacklig wären. Rollatoren sind aber eben zugleich auch mitunter sperriges, „größeres Gepäck“. Auch lässt sich vorstellen, dass es noch andere, vergleichbar große oder schwere medizinische Hilfsmittel gibt oder geben könnte, die sich unserem jetzigen Wissen entziehen. Eine hinreichend offene Formulierung in der Verordnung beugt da vor.

Dann: Die Regelungslücke. Ich habe es selber erlebt, und ich kenne andere, die es ebenso erlebt haben: Wer beschäftigt sich schon mit der Taxentarifordnung seiner Stadt in aller Ausführlichkeit? Und: Wer tut dies womöglich noch mit der einer fremden Stadt, in der man sich mal für einen Tag aufhält, in der man aber eben vielleicht gerade deswegen Taxi fahren muss? Wohl nur wenige. Wenn Sie dann vorbeugend einen Kombi oder ein Großraumtaxi bestellen, weil Ihr Gefährt nicht in den Kofferraum einer Limousine passt und weil Sie so höflich sind, dass Sie dem Taxifahrer keine mitunter schmutzigen Rollstuhlräder auf dem Rücksitz zumuten wollen, dann sind Sie hinterher der Dumme, wenn Sie einen weniger kulanten Fahrer erwischen. Denn Sie waren ja so dumm, vorher gezielt einen Kombi oder ein Großraumtaxi bestellt zu haben, so dass Sie den Zuschlag zahlen müssen, obwohl der Transport von Rollis eigentlich unentgeltlich ist. Hätten Sie stattdessen einfach dreist bestellt ohne Sonderwunsch, und kommt dann eine Limousine, in der ein nicht-klappbarer Rolli den Rücksitz verschmutzen muss, sind Sie fein raus, aber der Fahrer ärgert sich. Die Höflichen hingegen sind die Dummen, die bei weniger netten Fahrern draufzahlen – wegen einer Regelungslücke.

Unser Antrag will diese Regelungslücke beheben. Und meine Damen und Herren, sofern Sie die kindische „Wir stimmen niemals mit der AfD!!!“-Haltung nicht zu überwinden beabsichtigen (was ja auch diesmal wieder nicht ganz unwahrscheinlich ist…), so wäre ich Ihnen doch zumindest dankbar, dann bitte eine eigene Initiative zur Behebung dieses Missstandes zu formulieren oder aber die Verwaltung dahingehend anzustoßen, dazu selbst einen Vorschlag zu machen. Es geht schnell, es geht unkompliziert, tut niemandem weh und bietet dem Bürger auch mal etwas anderes als nur ständige Preissteigerungen.

Herzlichen Dank!