„Ich kann nur davor warnen, die Sicherheitsbehörden unter Druck zu setzen“

Publico: Herr Wendt, die Ernennung, die Debatte um Verfassungsschutzpräsident Maaßen ist nicht vorbei: die SPD will um jeden Preis seinen Rauswurf. Wie verfolgen die Beamten der Sicherheitsbehörden diesen Streit?

Ich kenne überhaupt niemand aus dem Sicherheitsbereich, dem die Diskussion um Hans-Georg Maaßen nicht gehörig auf den Wecker gegangen ist. Da sind Dinge hochgespielt worden aus parteipolitischen Erwägungen, die unmöglich sind. Die Ernennung von Maaßen zum Staatssekretär muss jetzt durchs Kabinett. Und es ist die Verantwortung von Andrea Nahles, dass die Bundesregierung nicht wieder an den Rand eines Koalitionsbruchs geführt wird.

Publico: Es gibt in Medien und von Politikern immer wieder den Vorwurf, Polizei und Geheimdienste seien rechtsradikal unterwandert. Was sagen Sie dazu?

Diese Diskussionen sind so alt wie die Sicherheitsbehörden. Aber das ist blanker Unfug. Unsere Kollegen haben eine sehr solide staatsbürgerliche Ausbildung. Sie stehen fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Wir wissen vor allem was das ist: freiheitlich-demokratische Grundordnung. Im Gegensatz zu so manchen, die darüber reden.

Publico: In der Vergangenheit hatte die SPD durchaus dezidierte Sicherheitspolitiker – etwa Otto Schily. Was ist mit der Partei passiert, dass sie Polizei und Nachrichtendiensten heute so viel Mißtrauen entgegenbringt?

Die SPD hat irgendwann eine falsche Richtungsentscheidung getroffen, weil sie glaubte, im linksradikalen Lager mehr Stimmen zu bekommen. Das war eine klassische Fehlentscheidung. Ich hoffe, dass die SPD wieder auf den Boden der Realität zurückkommt. Denn es gibt ja auch gute SPD-Politiker und Politikerinnen, die für die Sicherheitsbehörden das notwendige Verständnis haben.

Publico: Das Kanzleramt betrieb schon die Absetzung von BND-Chef Gerhard Schindler. Den Rauswurf von Bundespolizei-Präsident Dieter Romann würden dort auch viele gern sehen. Und Verfassungsschutz-Chef Maaßen, ebenfalls ein Kritiker der Migrationspolitik, wurde schon vor seiner Äußerung zu dem Chemnitz-Video mit Mißachtung gestraft. Ist das Verhältnis zwischen Kanzleramt und Sicherheitsbehörden zerrüttet?

Ich kann nur davor warnen, die Sicherheitsbehörden ständig unter Rechtfertigungsdruck zu setzen, und die Chefs der Behörden zu verunsichern. Das Kanzleramt ist darauf angewiesen, dass Sicherheitsbehörden gut funktionieren. Und umgekehrt sind die Sicherheitsbehörden auf das Vertrauen der Regierung angewiesen. Ich glaube, das muss auch wieder hergestellt werden. Es wäre hilfreich, wenn die Bundeskanzlerin einmal positive Signale in Richtung der Sicherheitsbehörden und besonders in Richtung von deren Führung senden würde.