Schlusslicht NRW – eine Serie, die Folgen haben wird

Am 23. August wurde unser Bundesland 70 Jahre alt – und mehr als das runde Datum werden die Bürger Nordrhein-Westfalens nicht zu feiern haben. Denn in ihren sechs Jahren ist es der rot-grünen Landesregierung gelungen, das bevölkerungsreichste Bundesland in allen wichti­gen Politikfeldern herunterzuwirtschaften – ob Bildung, Lehrstellen, Wirtschaftswachstum, Beschäftigung, Kinderbetreuung oder Infrastruktur: Nordrhein-Westfalen ist das Schlusslicht Deutschlands. Spitzenplätze be­legen wir nur bei Schulden, Steuerver­geudung und Kriminali­tät. Wer es nicht glaubt, kann es lesen: In unserer Schlusslicht-Serie, in der wir Punkt für Punkt die Fehler einer ideologiegetriebenen Politik auf­zeigen. Und auf Alternativen hinwei­sen. Denn dafür stehen wir.

Folge 11: Bunt und blöd – Sechs Jahre rot-grüne Bildungspolitik in NRW

Düsseldorf, 24.08.2016. „Schwarz-Weiß wird bunt – 70 Jahre NRW“ lautet der Titel einer insbe­sondere für Schüler gedachten Wanderausstellung, die Ministerpräsidentin Kraft gestern er­öffnete. Abgesehen davon, dass man mit Robert Gernhardt selig hierzu nur „Mein Gott, ist das beziehungsreich / ich glaub‘, ich übergeb‘ mich gleich“ ausrufen möchte, bringt sie das Ergebnis rotgrüner Bildungspolitik auf den Punkt. Denn praktisch bedeutet „bunt“ im Bil­dungssystem gerade nicht Vielfalt durch größtmögliche freie Entfaltung der eigenen Fähig­keiten, sondern Zwangsintegration und Nivellierung. Das laut Helmut Seifen, bildungspoliti­schem Sprecher der AfD NRW, unter anderem eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln.

Die schlechten Nachrichten reißen nicht ab für NRW, wenn es um die Leistungsfähigkeit im Ver­gleich der Bundesländer geht. Denn auch im Bildungsbereich liegt NRW ganz hinten, nämlich auf dem 14. Platz knapp vor Brandenburg und Berlin, aber weit hinter Bremen, das sonst immer die rote Laterne trug. Wie die Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW), angefertigt im Auf­trag des Bildungsmonitors 2016 der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, feststellt, versagt das Schulsystem in NRW vor allem im Betreuungsbereich, bei der Schulqualität und dem Bildungsni­veau sowie der Ausgabenpriorisierung.

Die Betreuungsrelationen an Schulen und Hochschulen in NRW z.B. sind seit Jahren im Bundesver­gleich sehr ungünstig. So weist dieser Studie gemäß NRW die größten Klassen aller Bundesländer in den Grundschulen und den allgemeinbildenden Schulen der Sekundarschule auf. Die durch­schnittliche Klassengröße an den Grundschulen in NRW z. B. beträgt 23,1 Schüler gegenüber dem Bundesdurchschnitt von 20,7 Schülern, in der Sekundarstufe I 14,7 Schüler gegenüber 13,6 im Bun­desdurchschnitt.

Das ungünstigste zahlenmäßige Verhältnis existiert auch weiterhin an den Hochschulen. Auf eine Lehrkraft (Professor, Dozent, Lehrbeauftragter) kamen im Jahr 2014 rechnerisch 25,5 Studierende (Bundesdurchschnitt: 17,1).

Ist dieser Zustand nicht allein der rot-grünen Landesregierung anzulasten, weil auch schon die schwarz-gelbe Vorgängerregierung Schule als das Sparschwein des Landes betrachtet hat, so ver­stärkt die jetzige Regierung die Bildungsmisere noch gewaltig durch ihre falsche Schulpolitik. Die einseitige Bevorzugung des „Gemeinsamen Lernens“ durch die Gründung weiterer Gesamtschulen und Sekundarschulen und durch die Integration von Förderschulkindern in die Regelklassen aller Schultypen zerstört das dreigliedrige Schulsystem langsam aber sicher und damit auch die Lerner­folge, die dieses Schulmodell aufzuweisen hat. Bereits vor 10 Jahren haben Studien des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung den niedrigen Fördereffekt integrativer deutscher Schulsyste­me nachgewiesen. Nicht nur konnte festgestellt werden, dass die Gesamtschule an sich bereits als die weniger effiziente Schulform gelten kann, sondern dass ihre Existenz darüber hinaus auch noch die chancenreichere und integrationsstärkere Konzeption des mehrgliedrigen Schulsystems stark beeinträchtigt. Denn die Studie des Max-Planck-Instituts konnte durch den Ländervergleich feststel­len, dass z.B. die Hauptschulen in etlichen Bundesländern erst durch die Integrierten Gesamtschu­len zu Problemschulen geworden sind. Und die Studie kommt zur Schlussfolgerung: „Die Einführung der Gesamtschule führte zu einem ruinösen Verfall der eingespielten, bewährten, aus Erfahrung ge­wachsenen Schullandschaften. Die so entstandenen Disparitäten sind keine „herkunftsbedingten Disparitäten“, sondern „schulform-bedingte Disparitäten“, eigentlich also „schulreform-bedingte Dis­paritäten“.

Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die einseitige Bevorzugung von integrativen Schulsystemen durch die rot-grüne Landesregierung zur Bildungsarmut in NRW führt.

Im Bildungsmonitor 2016 kann man nachlesen, zu welch ruinösen Ergebnissen eine ideologiegetrie­bene Schulpolitik führt. 2012 verfehlten 30,6 Prozent der Schüler in NRW die KMK-Mindeststan­dards im Fach Mathematik für einen mittleren Abschluss. Nur in Bremen und Berlin war der Anteil an Risikoschülern noch höher. Relativ hoch war der Anteil der Risikoschüler auch bei der Überprüfung der Bildungsstandards der Viertklässler aus dem Jahr 2011. Bei dem Anteil der Schulabgänger ohne Abschluss erreichte NRW mit 5,5 Prozent genau den Durchschnittswert aller Bundesländer. Deutlich unterdurchschnittlich schnitt NRW beim Anteil erfolgreicher Absolventen aus dem Berufsvorberei­tungsjahr ab. NRW erreichte hier nur einen Wert von 39,1 Prozent, während der Bundesdurchschnitt 56,7 Prozent betrug.

Besonders schlecht schnitt NRW im Bereich der Beruflichen Bildung ab und belegt in diesem Be­reich den 16. Platz. Die schlechte Platzierung NRWs liegt vor allem an den beruflichen Vollzeitschu­len. Der Anteil erfolgreicher Absolventen an allen Abgängern von Berufsfachschulen, Fachoberschu­len und Fachschulen betrug im Jahr 2014 nur 64,3 Prozent. Damit bildet NRW bei diesem Indikator in Deutschland das Schlusslicht (Bundesdurchschnitt: 79,6 Prozent).

Und endlich: auch und gerade auf dem Feld der Bildungsgerechtigkeit versagt das von Rot-Grün fa­vorisierte integrative Schulmodell gewaltig. Das Scheitern vieler Kinder aus bildungsfernen Schich­ten wird eben gerade in integrativen Schulsystemen nicht verhindert, sondern eher befördert. Denn die im Jahre 2006 veröffentlichten „Vertiefenden Analysen“ von PISA-Daten in der Max-Planck-Stu­die haben auch gezeigt: Das dreigliedrige Schulwesen hat dort, wo es konsequent beibehalten wur­de bezüglich jener oft beschriebenen Risikogruppe unterprivilegierter Schüler eine weit höhere Inte­grationskraft gezeigt als die Integrierte Gesamtschule.

Wollen wir also die Bildungsmisere in NRW beenden, wollen wir unser Land wieder leistungsstark auf allen Gebieten machen, müssen wir zuerst mit den Schulen anfangen und eine wirkliche Schul­strukturreform durchführen, die begabungsgerechte Angebote vorhält und für die unterschiedlichen Leistungsmöglichkeiten und Leistungsvorlieben optimale Bedingungen bereitstellt. Die Einheitsschu­le nach dem Prinzip der Dorfschule von ehedem jedenfalls kann die jungen Menschen nicht auf die Erfordernisse einer hochtechnologisierten Industriegesellschaft vorbereiten.

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