18.07.2019.

Ein Gastbeitrag von Maximilian Kneller.

Angebliche Diskriminierung weiblicher Sportlerinnen Fußballer verdienen genug – Fußballerinnen auch.

Die Kritiker verstehen die Marktwirtschaft nicht.

Es ist ein Thema, das die Gemüter erhitzt, und dies nicht erst, seit hinter jedem gesellschaftlichen Bereich, den Männer dominieren, sofort eine Diskriminierung von Frauen konstruiert wird. Alte Aufnahmen aus den 70er Jahren bezeugen: Fußballer verdienten auch damals schon in den Augen großer Teile der Gesellschaft zu viel. Michael Rummenigge, Bruder des berühmteren Karl-Heinz Rummenigge, erklärte schon in den 80er Jahren einem Schlosser am „Fantelefon“, dass es von dessen Sorte in der Bundesrepublik 50.000 gebe und er auch Fußballer werden würde, wenn er die Möglichkeit hätte. Den offensichtlichen Einwand, er, der Schlosser, würde ja auch Fußball spielen, quittierte Rummenigge mit der Antwort: „Ja, aber Sie bringen auch keine Spitzenleistung“, und ergänzte etwas später: „Ja, ich kann es nicht ändern, dann bleiben Sie doch in Zukunft am Wochenende zu Hause.“ Das waren die guten, alten Achtziger, heute verdient jeder professionelle Fußballer ein Vielfaches dessen, was einst Michael Rummenigge in der Bundesliga erhielt. Seine nicht unbedingt charmante kurze Lehrstunde in Marktwirtschaft, die er seinerzeit dem Schlosser gab, bleibt jedoch bis heute gültig. Seine Reaktion, so arrogant und politisch inkorrekt sie sein mochte, war und ist die einzig richtige. „Wir sind hier schließlich nicht in der DDR“, ließ er seinen Gesprächspartner noch wissen.

Das mag seinerzeit gestimmt haben, die DDR wurde aber 1990 westerweitert und hat heute einen Exportüberschuss und Flachbildfernseher. Deshalb regen sich die gleichen Leute, die die Marktwirtschaft, das System, das sie nicht verstehen und deshalb ablehnen, schon nicht auf Herrenfußball anwenden können, über angeblich zu niedrige Spielerinnengehälter auf. Dazu muss man zunächst mal ein paar Zahlen gegenüberstellen: Der VfL Wolfsburg empfing mit seiner Damenmannschaft in der letzten Saison im Schnitt 1.840 Zuschauer. Gut, Wolfsburg ist jetzt nicht besonders groß, und man weiß ja von den Herren, dass der Verein nicht unbedingt ein Zuschauermagnet ist, sagen Sie? Weit gefehlt. Die Damen des VfL sind Zuschauer-Krösus. Zweitplatzierter Turbine Potsdam kommt auf 1.399 Zuschauer im Schnitt, hier gibt es nicht mal ein konkurrierendes professionelles Herrenteam. Aber auch wenn dies vorhanden ist, färbt das nicht ab: Bei den Damen des FC Bayern sind es gerade mal 666 Zuschauer, die im Schnitt kommen. Der Zuschauerschnitt der Herrenmannschaft des SV Rödinghausen lag in der vergangenen Saison bei 1.047. Bei Rödinghausen handelt es sich jedoch nicht um einen Bundesligisten, sondern um einen Dorfverein aus der viertklassigen Regionalliga West. Die Herrenbundesliga hatte in der vergangenen Saison über 13 Millionen Stadionzuschauer.

Man könnte nun endlos Statistiken anführen, die im Wesentlichen eins belegen: Frauenfußball ist bei Weitem nicht so beliebt wie Herrenfußball, und auch wenn das in der heutigen Zeit keiner mehr offen ansprechen möchte, weil man sich dem allgegenwärtigen, gesellschaftlichen Diktat der Soll-Zustände schon gebeugt hat: Das hat gute Gründe. Wer sich mit Fußball auskennt und ein Spiel der Frauen-WM guckte, der wäre danach vielleicht lieber zum SV Rödinghausen gegangen. Frauen sind weniger athletisch als Männer, da sie weniger Muskeln haben und kleiner und zierlicher sind. Deshalb sieht ein Frauenfußballspiel der Bundesliga in etwa so aus wie ein Bezirksligaspiel der Herren in Zeitlupe. Deshalb gewann die U15-Jungenmannschaft der Newcastle Jets gegen die Nummer fünf der Weltrangliste der Frauen, Australien, im Jahr 2016 mit 7:0. Deshalb ist es wissenschaftlich erwiesen, dass ein Damenspiel um ein Drittel langsamer ist als ein Spiel der Herren. Dieser fehlenden Attraktivität ist die mangelnde Beliebtheit des Frauenfußballs geschuldet, nichts anderem.

Die Gehälter der Spieler denkt sich übrigens, anders als bei Politikern, niemand aus, und es kommt, anders als bei Politikern, nicht die Allgemeinheit dafür auf. Für jeden hochbezahlten Fußballer braucht es einen Verein, der genug Umsatz macht, um dieses Gehalt zu finanzieren. Und woher kommt dieser Umsatz? Genau, unter anderem von 13 Millionen Stadiongängern, aber auch von Millionen Trikotverkäufen, Millionen Sky-Abonnenten und so weiter. Was Michael Rummenigge also schon vor über 30 Jahren mit „Dann bleiben Sie doch zu Hause!“ auf den Punkt brachte, ist die schönste Eigenschaft des Kapitalismus: Er ist zutiefst demokratisch. Er ist sogar die bessere Demokratie, weil wirklich jedem die Freiheit der eigenen Entscheidung gelassen wird. Sie finden, weibliche Fußballer sollten so bezahlt werden wie die Herren? Dann kündigen Sie doch Ihr Sky-Abonnement, holen Sie sich statt des BVB-Trikots ein Dress vom SC Sand oder von Turbine Potsdam und gehen Sie regelmäßig zu den Spielen ins Stadion. Sie können dabei sogar immer ganz spontan sein, ausverkauft ist es schließlich selten, aber hören Sie auf, diejenigen zu nerven, die die essentiellen Regeln der Ökonomie verstanden haben.

In Deutschland wird für nichts so zuverlässig gesorgt wie dafür, dass die Spieler und die Vereine einen großen Teil des gerade verdienten Geldes wieder für Genderlehrstühle, Pannenflughäfen und dummschwätzende Politiker abgeben dürfen, somit können Sie glauben: Eine starke, wettbewerbsfähige Bundesliga mit Gehältern, die vielleicht nicht den gefühlten, dafür aber den tatsächlichen Wert dieser Arbeit widerspiegeln, ist auch im Interesse derer, die sie dafür kritisieren.

Wenn Sie sich über Gehälter echauffieren möchten, recherchieren Sie mal diejenigen, für die Sie, fernab von jeder Marktlogik, mit Ihren Steuern aufkommen.

Maximilian Kneller, Jahrgang 1993, studiert Politikwissenschaft in Bielefeld.