07.08.2020.
Auch wer eigentlich abgeschoben werden soll, kann noch eine Aufenthaltserlaubnis kriegen: Dazu muss er nur nachweisen, dass er gut integriert ist. Jetzt aber zeigt sich: Nur 0,6 % aller in Frage kommenden Ausländer erfüllt die Anforderungen. Und das, obwohl die Hürden schon sehr niedrig waren.
Im Herbst 2019 hielten sich in NRW rund 72.700 ausreisepflichtige Ausländer auf. Bei 59.500 von ihnen verhinderte eine Duldung die Abschiebung.
Durch einen Erlass der schwarzgelben NRW-Landesregierung gibt es seit März 2019 einen weiteren Weg für diese Gruppe, um an eine Aufenthaltserlaubnis zu kommen: Geduldete können nachweisen, dass sie die Anforderungen für „gut integrierte Ausländer“ erfüllen.
Die Anforderungen sehen neben der Anerkennung des Grundgesetzes und Grundkenntnissen über Rechts- und Gesellschaftsordnung vor allem zwei Dinge vor: Beherrschung der deutschen Sprache auf dem Niveau A2 (Grundkenntnisse) und ein Einkommen von mindestens 424 Euro.
Nach einem halben Jahr ist die Bilanz ernüchternd, aber nicht überraschend: Nur etwa 400 von 59.500 Geduldeten konnte die Anforderungen erfüllen. Damit entsprechen lediglich 0,6 % der offiziellen Definition „gut integrierter Ausländer“.
Gabriele Walger-Demolsky, MdL, integrationspolitische Sprecherin der AfD-Fraktion NRW, stellte der Regierung daraufhin eine naheliegende Frage:
„Wie beurteilt die Landesregierung die Perspektive auf dem Arbeitsmarkt für Menschen, die selbst diese relativ niedrigen Hürden nicht bewältigen können?“
Die CDU-FDP-Regierung antwortete so, als gäbe es keine Zusammenhänge zwischen Eigenschaften wie Sprachniveau und Jobperspektiven:
Der Fakt, dass die allermeisten geduldeten Ausländer selbst nach der Definition der Regierung nicht als gut integriert gelten können, ließe „keine Rückschlüsse über die Arbeitsmarktperspektive zu“, schließlich sei ja immer „die individuelle Situation der Menschen entscheidend.“
Zur AfD-Anfrage und Antwort der Landesregierung: https://bit.ly/3ilO87V
Zahlen Ausreisepflichtige / Geduldete: Landtag NRW, Vorlage 17/2825, S. 11