30.05.2021.

Folgende Rede hielt unser Ratsgruppensprecher Florian Sander während der dieswöchigen Ratssitzung. Thema: Kritik am Ordnungsamt.

„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, verehrte Kollegen, liebe Gäste!

Ich habe zu diesem Punkt ja schon gestern im Hauptausschuss einige Ausführungen gemacht, möchte das an dieser Stelle noch einmal in aller Kürze ausführen. Zunächst einmal: Wir stimmen der Änderung der Hauptsatzung an dieser Stelle zu, da wir es grundsätzlich für sinnvoll halten, dass angeordnete Maßnahmen, für die es ja in der Regel einen Grund heben sollte (!), dann auch möglichst schnell umgesetzt werden. Diese Umsetzung kann in der Tat schneller erfolgen, wenn eine Bekanntmachung auch auf der Netzseite der Stadt Bielefeld erfolgt. Soweit d’accord.

Bereits im Ausschuss habe ich darauf hingewiesen, dass dies dann aber nicht bedeuten kann, dass jeder, der dies nicht binnen weniger Minuten oder Stunden ab der Geltung sofort zur Kenntnis genommen hat, dann demnächst von Ordnungsamtsautos in Höchstgeschwindigkeit und unter Gefährdung von Kindern und Erwachsenen über den Siggi gejagt wird. Ja – Regelungen haben es an sich, dass sie ab Beginn ihrer Geltung dann auch für alle gelten. Kein Widerspruch. Ja – Bürger und Einwohner haben sich gesetzestreu zu verhalten. Auch völlig richtig.

Aber, wie ich gestern sagte: Wir alle wissen (hoffentlich!), dass bei Verwaltungshandeln in vielerlei Fällen ein gewisser Ermessensspielraum besteht, im Rahmen dessen einzelne Maßnahmen durchaus mit unterschiedlichen Akzenten umgesetzt werden können. Genau das wird Polizisten in ihrem dreijährigen Studium in NRW im Verhaltenstraining akribisch beigebracht, und das ist auch richtig so. Bei Polizisten wird mittlerweile übermäßig genau hingeschaut. Sobald ein Polizist während einer echten (!) Kriminalitätsbekämpfung die falsche Person zurechtgewiesen, kontrolliert oder abgewehrt hat, kann man die Uhr danach stellen, dass es wenig später die obligatorischen Rassismus- oder Polizeigewaltvorwürfe hagelt und die einschlägigen Protagonisten von der linken Seite des Hauses zur Demo aufrufen.

Wieso hören wir dergleichen nicht, wenn es offenkundige Fälle gibt, bei denen per Definition schon mal wesentlich harmlosere Ordnungswidrigkeiten auf drakonische oder gar verantwortungslose Weise vom Ordnungsamt geahndet werden? Über die Polizei hört man in dem Zusammenhang wenig Klagen, denn die freuen sich tendenziell über jeden Einsatz, bei dem sie nicht Leib und Leben riskieren müssen. Die Beschwerden konzentrieren sich – bereits seit Monaten – auf das Ordnungsamt, und das hat – ganz gewiss – Gründe. Diese darf man nicht vernachlässigen, wenn man nun Satzungsänderungen beschließt, die eine zügigere Durchsetzbarkeit von Regelungen zum Ziel haben.

Ich möchte an dieser Stelle noch hinzufügen, dass unsere Zustimmung zu der grundsätzlich richtigen Änderung trotz (!) und sicher nicht wegen des letzten Absatzes der Vorlage erfolgt. Wir bestreiten, dass ein wesentlicher Teil der Maßnahmen dem Schutz der Volksgesundheit dient. Wir haben hier heute kundige und durchaus richtige Ausführungen über Luftfilterung und Aerosole gehört und gelesen. Gerade die Beschäftigung damit hätte dann aber auch endlich, endlich mal die Einsicht in das wissenschaftlich einwandfrei aufgezeigte Faktum nach sich ziehen müssen, dass Ansteckungen an der frischen Luft äußerst unwahrscheinlich sind. Kurz gesagt: Maßnahmen, die in diese Richtung gehen, sind schlicht für die Tonne. Interessanterweise setzt Ihr sonst immer frenetisch vor sich her getragener Verweis auf „wissenschaftliche Erkenntnisse“ regelmäßig an diesem Punkt aus. Hypochondrie und Angst erweisen sich leider als stärker als Fakten.

Allerdings: Auch wir sehen, dass die besagte Regelung in echten Seuchenfällen durchaus sinnvoll ist und die Transparenz für die Bürger eher erhöht als mindert. Das rechtfertigt aus unserer Sicht eine grundsätzliche Zustimmung, so sehr wir einige Teilaussagen der Vorlage auch ablehnen.

Vielen Dank.“