18.03.2022.

 

Zur politischen Neutralität der Verwaltung.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

auch wenn wir heute noch aktuellere Themen auf der TO haben – einige Sätze zu diesem Punkt hier kann und will ich Ihnen nun auch nicht ersparen.

Wir hatten erst vor einiger Zeit im Hauptausschuss eine Diskussion über die politische Neutralität der Bielefelder Verwaltung, die durch einen FDP-Antrag und durch einen AfD-Ergänzungsantrag dazu angestoßen worden ist. Dort haben Sie nochmal bekräftigt, die Verwaltung handle parteipolitisch neutral.

Genau solche Fälle wie dieser von uns hier aufgezeigte demonstrieren aber das Gegenteil. Um es nochmal zu verdeutlichen: Die Heinrich-Böll-Stiftung ist eine Stiftung, die der Partei Bündnis 90 / Die Grünen nahesteht, und wenn in Verwaltungsmails deren Veranstaltungen beworben werden, dann gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder dies ist nichts anderes als ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot der Verwaltung, oder aber man muss dann demnächst allen parteinahen Stiftungen, von der Rosa-Luxemburg- bis hin zur Desiderius-Erasmus-Stiftung, ermöglichen, ihre Veranstaltungen über entsprechende Benachrichtigungen der Verwaltung bewerben zu lassen. Gleiches Recht für alle. Alles andere ist gezielte Parteinahme und zeigt den Missstand auf, der entsteht, wenn einzelne, lange regierende Parteien meinen, Staat und Kommune – also: öffentliche Gelder, das Geld der Steuerzahler! – seien Instrumente zur Verbreitung eigenen Gedankenguts, derer man sich nach Belieben bedienen kann.

Man stelle sich alleine übrigens mal vor, was hier los gewesen wäre, hätte die Verwaltung auf eine Veranstaltung der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung hingewiesen. Das anonyme Recherchekollektiv OWL hätte in der SPD-eigenen Zeitung bereits eine Seite zur Agitation gegen die Beamten erhalten, die die Mail verfasst haben; es würde Forderungen nach Disziplinarverfahren gegen die oder den Betroffenen hageln. Und nun? Nichts. Hätten wir nicht angefragt, hätte es kein Schwein problematisiert.

Wir erwarten von Ihnen, Herr Oberbürgermeister, verehrte Beigeordnete, dass Sie hier für die Einhaltung eines zentralen verfassungsrechtlichen Prinzips sorgen. Und zwar von sich aus – ohne dass wir deswegen erst Anfragen stellen müssen, die diesbezüglich nachhaken.

Besten Dank.