30.06.2022.

Folgende Rede hielt unser Ratsgruppenvorsitzender, Dr. Florian Sander, in der Ratssitzung am 23.06.2022 zum Thema „neue Baumschutzsatzung in Bielefeld“:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, verehrte Kollegen, liebe Gäste,

zunächst eine Bemerkung zu den Einwänden Frau Steinkrögers: Ich kann Sie ja verstehen, wenn Sie diese, ich nenne es jetzt mal „unheilige“ Mischung aus „Mehr Bürokratie und Personal“ einerseits und „Wir müssen das jetzt ganz schnell beschließen!“ andererseits kritisch sehen. Mehr Wertschätzung für die Opposition im Sinne von mehr konstruktiver Diskussion würde ich mir hier auch manchmal wünschen. Da verstehe ich Ihre Kritik. Ich denke aber, das ist eine prozedurale Frage, die man entkoppelt sehen muss vom eigentlichen Inhalt, also der Baumschutzsatzung. Das eine berührt die Modalitäten des Entscheidungsprozesses; das andere die eigentliche inhaltliche Diskussion.

Auch wenn man es zunächst kaum annehmen würde, berührt dieses Thema ja fast schon politische Grundsatzfragen, wie es auch mehrfach in Wortbeiträgen im Umwelt- und Klimaschutzausschuss anklang. Nämlich die Frage von Eigentumsrecht versus kollektive ökologische Verantwortung. Hier geht es eben nicht einfach nur um irgendein nettes, hübsches Ausstellungsstück in privaten Gärten, so nach dem Motto „Mein Haus, mein Boot, meine Terrasse, meine Bäume“, sondern um Leben. Jetzt ist man bei Leben als solchem nun auch nicht immer und überall zimperlich (wann haben Sie Ihre letzte Stubenfliege erschlagen? Und haben nicht auch Coronaviren ein Lebensrecht? Fragen über Fragen!). Aber bei Bäumen geht es nicht nur um Leben, sondern auch um Naturelemente, die eine beträchtliche ökologische Funktion für Natur und Klima – und damit auch für menschliches Leben – haben, die keiner abstreiten kann und sollte. Und zugleich gibt es da noch den Faktor der Ästhetik: Wenn jemand auf seinem Grundstück mehrere alte, große Bäume fällt, hat das mitunter nicht nur Implikationen für das eigene Grundstück, sondern vermag auch den ästhetischen Charakter einer ganzen Wohngegend grundlegend zu ändern.

All das, vor allem aber die ökologische Bedeutung von Bäumen führt uns zu der Schlussfolgerung, dass Eigentum an dieser Stelle nicht alles ist. Eigentum verpflichtet, und erst recht tut es das, wenn es so große Folgen für andere hat – nicht nur für die Nachbarn, sondern auch darüber hinaus. Und aus dieser Erkenntnis speist sich die Legitimität einer Baumschutzsatzung, die über eine reine Baumerhaltungsrichtlinie hinausgeht.

Dies gilt umso mehr, als dass diese Satzung ja – aus unserer Sicht – auch kein drakonisches Instrument ist, um Bürger mit überflüssigen Restriktionen zu quälen – so etwas gibt es in anderen Bereichen, die wir dann vermutlich ab Herbst wieder erleben, aber hier ausdrücklich nicht – sondern einen nicht unerheblichen Schwerpunkt auch auf Beratungsmaßnahmen legt. Das ist eine sinnvolle Idee; und zwar deswegen, weil es einkalkuliert, dass eine solche Beratung eben manchmal Alternativen erschließen könnte, auf die der Betroffene sonst selbst nicht gekommen wäre. Nicht jeder Baumeigentümer ist auch Baumexperte, kann es auch gar nicht sein. Auf jeden Fall aber lohnt es sich, in diesem Punkt über vergleichbare Satzungen anderer Städte hinauszugehen.

Wir als AfD werden der Beschlussvorlage daher zustimmen. Vielen Dank.