10.07.2022.
Vielen Bundesbürgern wird das Leben in Deutschland offenbar zu bunt: Fast 250.000 Staatsangehörige haben im vergangenen Jahr der Heimat den Rücken gekehrt und sind nach Österreich, in die Schweiz oder gleich in die USA ausgewandert. Auch Paraguay und Schweden standen hoch im Kurs.
Das ist im aktuellen Wanderungsbericht des Statistischen Bundesamtes zu lesen. Die Zahl deutscher Auswanderer ist seit Ende 2015 auf einem etwa gleich hohen Niveau. Davor war sie um rund 100.000 Personen niedriger. Zwar sind auch im vergangenen Jahr Bundesbürger zurückgekehrt, unterm Strich bleibt aber ein Minus von 64.000 Einwohnern. Noch dramatischer ist die Zahl deutscher und ausländischer Auswanderer aus der Bundesrepublik insgesamt, die im vergangenen Jahr bei knapp einer Million lag.
Und auch was die Binnenwanderung angeht, ist vor allem ein Trend erkennbar: Die Menschen zieht es raus aus den Metropolen in Bundesländer wie Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein. Städte wie Berlin und Hamburg, aber auch der Baden-Württembergische Raum haben indes eine deutliche Abwanderung zu verzeichnen. Gründe für die Fortzüge kann die Statistik nicht beantworten, allerdings gibt es einige Indizien, die Rückschlüsse zulassen. Wegen besserer Löhne, einer top Infrastruktur oder einer guten Internetverbindung wird niemand in die Flächenländer ziehen. Hier gibt es dagegen vor allem eines: Ruhe, Abstand und niedrige Kriminalitätsraten.
Insgesamt hat Deutschland im vergangenen Jahr aber wieder ein „positives“ Wanderungssaldo zu verbuchen gehabt, was nicht zuletzt an der konstant hohen Zahl an Migranten aus Syrien und Afghanistan gelegen hat. Aber auch aus der Türkei, aus Bulgarien und Rumänien sind weitaus mehr Menschen nach Deutschland ein- als in diese Länder abgewandert. Überraschend ist das Saldo der Wanderungsbewegung nach Großbritannien: Sah es vor dem Brexit noch so aus, als würden viele Briten nach Deutschland kommen, ist im vergangenen Jahr das genaue Gegenteil eingetreten. 2000 Menschen mehr zog es nach Großbritannien als umgekehrt in die Bundesrepublik.
Die bloßen Zahlen des Wanderungsberichtes sind freilich wenig aussagekräftig. Zu beobachten ist allerdings, dass trotz der seit Jahren enormen Zuwanderung nach Deutschland auch weiterhin der vielseits beklagte Fachkräftemangel nicht beseitigt werden konnte. Dafür ist die Zahl der Empfänger der sogenannten Grundsicherung kontinuierlich gestiegen.
Das lässt sich auf den Nenner bringen, dass Menschen, die es sich aufgrund ihrer Ausbildung oder ihres Einkommens leisten können, in per se teure Länder abwandern. Während andererseits merklich viele Menschen in Deutschland einwandern, die zunächst oder auch längerfristig auf staatliche Hilfen angewiesen sind.