19.09.2022.
Der Streit um die geplante legale und private Heroin-Vergabe ging in der Ratssitzung von letzter Woche in die nächste Runde. Unser Ratsgruppenvorsitzender, Dr. Florian Sander, welcher sich schon im Sozial- und Gesundheitsausschuss deutlich gegen die Heroin-Ausgabe positioniert hat, legte im Rat nach:
„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, verehrte Kollegen, liebe Gäste!
Der Antrag, den hier die Koalitionsfraktionen sowie, wohlgemerkt, die CDU stellen, ist im Grunde nichts anderes als das verschriftlichte Einknicken Ihrer Parteien vor äußerem Druck. Rekapitulieren wir nochmal: Das kommt ein profit- und gewinnorientiertes Unternehmen und will in Bielefeld, mitten in der Problemzone Hauptbahnhof, eine Heroin-Vergabe-Praxis für Schwerstsüchtige aus der ganzen Region einrichten und damit massiven Drogentourismus schaffen, an dem es sich eine goldene Nase verdient. Dank der im Grunde völlig widersinnigen Entscheidungsprozesse drumherum hat die Kommune hier nur bedingt mitzureden: Es entscheidet eine ferne Bezirksregierung, und das auf der Basis eines Paragrafen, der sich primär auf das örtliche Suchthilfekonzept bezieht und dabei andere, aber eben womöglich noch wichtigere (!) Erwägungen, die von hoher kommunaler Brisanz sind, völlig außen vor lässt. Es war ja schon bemerkenswert, wie Sie im Sozial- und Gesundheitsausschuss diese Debatte geführt haben: Als ginge es hier ausschließlich um die Süchtigen-Klientel, und nicht auch um hunderte von Passanten, Senioren, Frauen und Kindern, die die betreffende Zone tagtäglich frequentieren müssen. Der Sicherheitsaspekt blieb, von ein paar CDU-Phrasen abgesehen, so gut wie außen vor, und da es keinen eigenen Ausschuss gibt, in dem derlei Themen mal in der angemessenen Gründlichkeit diskutiert werden können, blieben sie das auch andernorts.
Was Sie machen, ist jetzt der Versuch, das Ganze zahlenmäßig runterzuhandeln, um es innerhalb des Fensters, den der Paragraf 5a der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung lässt, irgendwie anschlussfähig zu machen. Damit öffnen Sie aber letztlich ja nur Tür und Tor für eine ausgeprägte Salamitaktik des Wirtschaftsunternehmens, welches da jetzt legal Heroin ausschenken will. Viele von Ihnen dürften das genau wissen, andere lassen sich vielleicht auch über den Tisch ziehen. Heute sprechen Sie noch von 40 bis 60 Personen. Später, vielleicht so in einem Jahr, sind es dann vielleicht plötzlich doch 100. Und wenn dann der nächste politische Sektempfang mit abendlichen Einflüsterungen aus der Gesundheitswirtschaft und deren Lobby stattgefunden hat, sind wir dann irgendwann wirklich bei 200 bis 300 – und die Passanten dürfen die Zeche zahlen. Das lehnen wir als AfD grundsätzlich ab. Wehret den Anfängen!
Wie ich schon im Ausschuss sagte, kann und sollte man hier auch einmal ganz grundsätzlich über das Modell als solches diskutieren. Und damit meine ich nicht nur das Modell, staatlich und privatwirtschaftlich gefördert Drogen an Schwerstsüchtige in quantitativ hoher Zahl und an hochfrequentierten Lokalitäten zu vergeben, was man ja an sich eigentlich schon mal als Ansatz anzweifeln kann. Das ist ein Modell aus der liberalen Drogenpolitik, was aber nicht dadurch richtig wird, nur weil lauter linksgerichtete Politiker und vermeintliche „Experten“ SAGEN, dass es richtig wäre.
Ganz abgesehen davon geht es auch um die Frage, ob man – WENN man denn schon diesem zweifelhaften Ansatz folgt – es ausgerechnet gewinn- und profitorientierten Unternehmen überlassen sollte, dieses zu tun. Wenn man das alles mal etwas aus der Vogelperspektive betrachtet, grenzt es eigentlich ans Absurde, wenn ein Unternehmen durch so etwas Geld verdient und sich dadurch im selben Atemzug als „sozial“, „gemeinwohlorientiert“ und „medizinisch“ verkauft. Analog zum Begriff aus dem Klimaschutz und mit der Assoziation des medizinischen Arztkittels könnte man dieses Vorgehen durchaus als eine Art „whitewashing“ von Profitabsichten beschreiben. Solche Unternehmen können naturgemäß gar kein Interesse an einer Problemlösung haben, denn sie verdienen finanziell an dem Problem. Soziologisch kann man auch sagen: Sie parasitieren daran. Und Sie, verehrte Kollegen, fallen auch noch darauf rein. Übrigens auch, in dem Sie das „Diamorphin“-Framing aufgreifen und verwenden, ein Begriff, der ja nur vom eigentlichen Bedeutungsinhalt des Wortes ablenken soll, nämlich Heroin. Drogen. Gift.
Wir wollen das nicht. Wir wollen keine Heroin-Vergabe an niemanden, weder illegal noch legal, weder an 40 bis 60 noch an 300 Leute; wir wollen keinen Sucht- und Drogentourismus in Bielefeld und keine Unternehmen hier, die damit Geld machen. Was wir wollen, ist: Ein sauberer, drogenfreier Hauptbahnhof, ohne stetig wachsende Szene, ohne stetig zunehmende Kriminalität, die von Ihren Parteien und Dezernenten kleingeredet wird, ohne Anpöbeln, aggressives Betteln und Prostitution. Das ist es, was wir anstreben, und das erreicht man ganz sicher nicht mit Ihrem unsinnigen Antrag.
Vielen Dank.“