14.10.2019.
Wie glaubwürdig sind die Ratsvertreter von SPD, Linken und Grünen?
Die Bebauungsplanung des Marktplatzes in Schildesche geht in die nächste Runde.
Die Wohnraumverknappung in der Universitätsstadt Bielefeld nimmt dramatische Formen an. Kleine bezahlbare Wohnungen für junge Leute, sozial Schwächere und Zuwanderer fehlen zu Hauf. Also wird nachverdichtet und vorhandene Freifläche genutzt. Dass dabei auch der Marktplatz in Schildesche zum Ziel der Planungen wurde, verwundert also nicht.
So weit, so gut.
Vernünftige Städteplanung orientiert sich aber nicht nur an der Anzahl der Wohnungen, sondern bezieht die bereits ansässigen Bürger, die Infrastruktur und soziale Verträglichkeit mit in die Überlegungen ein. Das haben die Bezirksvertreter seit Beginn der Debatte im Schicksalsjahr 2015 auch getan. Es gab unzählige Sitzungen mit den „Schildskern“ am sogenannten „Runden Tisch“. Dabei hörte man die Bürger an und beschwichtigte die besorgten Anwohner mit Kompromissen bei der Entwurfsplanung. Heraus kam ein Bebauungsplan, der mit Maß und Vernunft allen Bedenken Rechnung trug.
So weit, so gut.
Die letzte Sitzung der Bezirksvertretung Schildesche in der kleinen Mensa der Gesamtschule am vergangenen Donnerstag offenbarte allerdings etwas gänzlich anderes. Zahlreiche Bürger wohnten der Sitzung bei und mussten erleben, dass die gewählten Vertreter von Linken, Grünen und allen voran von der SPD in der Diskussion um die Bebauung eine Meinung vertraten, die alle Absprachen in Frage stellt:
Es wurde ein weiterer Bebauungsplan vorgestellt, nach dem die bisher getrennten Baukörper zu einem großen Komplex verbunden werden sollen. Die dadurch gewonnene zusätzliche Fläche soll aber nicht auf die abgesprochenen 24 Wohnungen verteilt werden, sondern mehr Wohnungen ermöglichen. Überhaupt sei die Anzahl 24 nicht „in Stein gemeißelt“, sondern könne in Abhängigkeit vom Investor natürlich geändert werden. Auch der am runden Tisch zugesicherte Grenzabstand zu den bereits bebauten Grundstücken sei verhandelbar. Parkplätze für die Bielefelder „Verkehrswende“ mit mehr „park and ride“ Möglichkeiten? Brauchen wir nicht! Wohnen ist wichtiger! Plötzlich wurde die Vision eines großen Baukörpers mit unverhältnismäßig vielen Kleinstwohnungen wieder sehr real. Die Vertreter von der SPD sprachen sich nachdrücklich dafür aus, die Chance auf viel neuen Wohnraum zu nutzen, auch für den Preis der Wortbrüchigkeit gegenüber den Anwohnern, die am „Runden Tisch“ mit der Stadt um einen Kompromiss gerungen hatten. Der neu ins Gespräch gebrachte Vorschlag, auf dem Marktplatz stattdessen eine Feuerwache zu errichten, sollte ernsthaft geprüft werden.
Falls sich aber die Haltung der roten Bezirksvertreter durchsetzen sollte, droht dem beschaulichen Ortskern eine Bebauung, wie sie bereits für die Sudbrackstraße beschlossen wurde:
Dort werden auf einem Grundstück demnächst 300 Klein- und Kleinstwohnungen von 20 – 40 Quadratmetern erstellt. Und das wird kein Studentenwohnheim, sondern das Wohnen der Zukunft. Die Stadt muss die vielen Alleinstehenden (vorwiegend wohl jungen Männer) unterbringen. Für Investoren sind derartige Objekte besonders lukrativ, liegen doch die Quadratmeterpreise für Kleinstwohnungen 1,50 € über den Vergleichsmieten. Den Preis bezahlen die „Schildsker“ mit einem veränderten Ortskern, der hoffentlich nicht das Gesicht der Treppenstraße in Brackwede oder anderer Bielefelder Brennpunkte annehmen wird. Die eigens von der Stadt eingerichtete Arbeitsgruppe „Angstraumbekämpfung“ hat in Bielefeld jetzt schon alle Hände voll zu tun.