10.07.2021.

Ein Gastbeitrag von Michael Paulwitz, JF.

Alles nur geklaut? Nach ihrem kreativ aufgehübschten Lebenslauf fällt jetzt auch noch Annalena Baerbocks mit viel Pomp und Vorschußlorbeeren vorgestelltes Buch wie ein mißglücktes Soufflé in sich zusammen. Eigentlich sollte das Werk der grünen Kanzlerkandidatin und ihrer Wahlkampagne ein wenig intellektuellen Glanz und Seriosität verleihen. Stattdessen vergeht seit einer Woche kein Tag ohne neue Meldungen über aufgedeckte Abschreibereien. Auch von dieser Zeitung wurde ein eklatantes Plagiat aufgedeckt.

Hier was vom Spiegel, da noch etwas Bundeszentrale und Neue Zürcher Zeitung, garniert mit Fundsachen von eigenen Parteifreunden und von Publikationen mit wissenschaftlichem Anspruch aus dem grünen Treibhaus: Inzwischen steht Baerbocks Buch als zusammengegoogeltes Konglomerat da, an dem praktisch nur die eingestreuten persönlichen und autobiographischen Stellen eigenständig sind – und die stammen höchstwahrscheinlich von einem angeheuerten Journalisten, der auch schon für Heiko Maas (SPD) einen Ladenhüter verfaßt hat, zu dem sich in diesem Fall aber weder der Verlag noch die vermeintliche Autorin bekennen wollen.

Verteidigungsstrategie: Angreifer diskreditieren

Von „aufgebauschten Kleinigkeiten“ wagt da auch die Grünen-Zentrale nicht mehr zu reden, nachdem selbst der weiße Ritter von der ZDF-Rechtsabteilung, der Baerbock anfangs noch vehement verteidigt hatte, die Plagiatsvorwürfe für berechtigt erklärt und auch das grüne Hausblatt taz der blamierten Kandidatin zum schadensbegrenzenden Rückzug rät. Ein weiterer Experte, der über die Attacken auf das Baerbock-Buch anfangs noch die Nase gerümpft hatte, sieht inzwischen ebenfalls gravierende Urheberrechtsverletzungen.

Die Verteidigungsstrategie, den österreichischen Medienwissenschaftler Stefan Weber, der die Plagiatsvorwürfe öffentlich gemacht hatte, als Auftragstäter einer „rechten“ Kampagne zu diskreditieren und ihm die fachliche Kompetenz abzusprechen, erwies sich als Rohrkrepierer – bei früheren Gelegenheiten hat die grüne Szene seine Dienste nämlich selbst gerne in Anspruch genommen.

Wie man es auch dreht und wendet, Annalena Baerbock steht ein weiteres Mal als überführte Hochstaplerin und Dünnbrettbohrerin da, und ihre Umfragewerte rauschen mit denen ihrer Partei in den Keller.

Bleibt Baerbock grüne Kanzlerkandidatin?

Für die Grünen ist das eine Zwickmühle, aus der es nur schlechte Auswege gibt. Entweder sie halten die letzten gut hundert Tage bis zur Wahl an ihrer Kanzlerkandidatin fest und begraben damit zugleich die letzten Hoffnungen aufs Kanzleramt, oder sie wechseln sie doch noch auf den letzten Metern aus und liefern im gleichen Atemzug die Bankrotterklärung für ihre Gleichstellungsideologie, der zufolge Frauen immer und unbedingt den ersten Zugriff auf begehrte Ämter und Pfründe haben sollen.

Nicht nur die taz ruft längst nach Baerbocks Co-Parteivorsitzendem Robert Habeck. Der fischt fachpolitisch zwar auch meist im Seichten, hat aber wenigstens seine Kinderbücher und wohl auch seine Dissertation selbst geschrieben, während Baerbocks ominöse Londoner Masterarbeit noch immer keiner gesehen hat.

So viele Angriffsflächen wie Baerbock bietet Habeck jedenfalls nicht. Der aber schweigt eisern zum Absturz seiner Kollegin. Warum sollte er auch noch in eine verkorkste Wahlkampagne einsteigen, er kann ja seine Chance bei der nächsten Bundestagswahl abwarten.

Doch Baerbock ist bei weitem nicht die einzige

Die Entzauberung der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock ist ein besonders krasses Beispiel für politisches Blendertum. Aber Baerbock ist kein Einzelfall. Stefan Weber trifft einen Punkt, wenn er sie als typische „Angehörige der Copy&Paste-Generation“ bezeichnet, bei der das Abkupfern Methode hat.

Sie verkörpert einen Politikertypus, der sein ganzes Leben in einer Blase verbracht hat, in der Erfolg und Karriere nicht an objektive Leistungsmessung geknüpft ist, sondern vom Bedienen der richtigen Beziehungshebel und dem Drücken der richtigen Meinungsknöpfe abhängt.

Der durchideologisierte geisteswissenschaftliche Hochschulbetrieb unterscheidet sich da nicht grundsätzlich von parteipolitischen Politikmaschinerien. Die patzigen und beleidigten Reaktionen aus der grünen Parteizentrale, wo man sich erst mal nicht über die schummelnde eigene Kandidatin empörte, sondern über die Spielverderber, die darauf hinzuweisen wagten, sprechen deutlich dafür, daß sie mit ihrer Arbeitsweise nicht alleine steht: Così fan tutte, es lassen sich nur nicht alle dabei so plump erwischen.

Erst Studienabbrecher dann Politiker

Das prätentiöse Wortgeklingel beim Aufbohren des eigenen Lebenslaufs, das jeden noch so belanglosen Job und jeden Party-Auslandsaufenthalt zur bedeutenden Karrierestation aufwertet, gehört in diesen Kreisen zum System.

Langzeitstudenten, die ihr ganzes Leben in Seminaren, Praktika und politiknahen Jobs verbracht haben, irgendeinen oder auch gar keinen Abschluß gemacht haben, bis sie schließlich das rettende Ufer eines gut dotierten politischen Postens erreicht haben, gibt es in der Generation Baerbock schließlich nicht nur bei den Grünen, sondern in allen Parteien. Die Biographie des Unions-Karrieristen Paul Ziemiak beispielsweise, der kein Studium zu Ende bekommen hat, sieht verglichen mit Baerbocks Vita kaum besser aus.

Alles „wumpe“, oder Frau Giffey?

Aus der Binnensicht dieser Blase sind dann auch höchste Regierungsämter nichts anderes als Partei-Posten, auf die man sich nach denselben Gesetzmäßigkeiten manövriert. In Reinform verkörpert diese Sichtweise die Berliner SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey: Kaum hat sie selbst ihren Doktortitel wegen Mogelei verloren, schon hält sie Plagiatsvorwürfe gegen Politiker im allgemeinen für eine „Gefahr für die Demokratie“ und gegen Frauen im speziellen für frauenfeindlich – als wäre Frau-Sein schon eine Qualifikation an sich.

Den Bürgern sei das alles ohnehin „wumpe“, meint Frau Giffey. Wenn sie sich da mal nicht irrt. Mag sein, daß den Wählern Doktortitel egal sind, auch wenn Politiker sich gern damit schmücken. Wenn Polit-Karrieristen sich als Überflieger inszenieren und anmaßen, das Land führen zu können, obwohl sie ihre eigenen Angelegenheiten nicht geregelt bekommen, stößt das trotzdem sauer auf. Die Hochstapelei treibt auch die Fallhöhe der Generation Baerbock nach oben. Um so unsanfter fällt die Bruchlandung danach aus.